Unsere Position
Unsere Position
Das Schweizerische Parlament hat den Bundesrat damit beauftragt, bis Mitte 2024 einen Regulierungsvorschlag für die neuen gentechnischen Verfahren, wie die sogenannte Genschere CRISPR/Cas, zu erarbeiten. Die Diskussion um die Regulierung der neuen Gentechnik ist heute durch wissenschaftlich nicht abgestützte Versprechungen der Agrarindustrie geprägt. Die Gentechnik-Industrie versucht zu erreichen, dass die neuen Gentechnik-Methoden von der strengen Gentechnik-Regulierung ausgenommen werden.
Deshalb schaltet sich nun ein breites Bündnis von rund 60 unterstützenden Organisationen mit einem Positionspapier in die Debatte ein, das klar die roten Linien aufzeigt, die nicht überschritten werden dürfen.
Möchten Sie mit ihrer Organisation ebenfalls das Positionspapier unterstützen? Dann melden Sie sich gerne unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Die aufgeführten Organisationen unterstützen das Positionspapier Neue Gentechnik, für die weiterführenden Informationen und Positionen auf dieser Website ist die Schweizer Allianz Gentechfrei verantwortlich.
Kurzversion:
Positionierung Neue Gentechnik
Gentechnik auch in Zukunft strikt regulieren!
Wir sind ein breites Bündnis aus rund 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Wir stehen zusammen für eine vielfältige Landwirtschaft, für Umwelt-, Tier- und Naturschutz sowie für den Schutz unserer Produzent:innen und Konsument:innen. Unser Standpunkt ist klar:
Auch die neuen gentechnischen Verfahren sind Gentechnik -und müssen im Gentechnikgesetz reguliert werden.
Wir fordern den Bundesrat und das Parlament auf, alle vorhandenen wie künftigen gentechnischen Methoden und die daraus entstehenden gentechnisch veränderten Organismen (GVO) und Produkte weiterhin unter dem bestehenden Gentechnikrecht zu regulieren und zu kennzeichnen.
Unsere Forderungen
1. Strenge Regulierung der neuen Gentechniken im bestehenden Gentechnikrecht
2. Sicherung von Wahlfreiheit und Transparenz
3. Entwicklung von Nachweisverfahren
4. Sicherstellen der Koexistenz und Haftung
5. Ausbau und Förderung sozial gerechter, klima- und-biodiversitätsfreundlicher Ernährungssysteme
Die vorliegende Positionierung wurde im Juni 2023 von 60 Organisationen, Institutionen und Stiftungen aus den Bereichen Umwelt-, Tier- und Naturschutz, Entwicklungspolitik, Konsumentenschutz, soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Landwirtschaft, Züchtung, Saatgutproduktion, Lebensmittelwirtschaft, Initiativen aus der Klimaschutzbewegung und aus den Bewegungen für sozial und ökologisch verantwortungsvolle Ernährungssysteme unterzeichnet.
Vollversion als PDF und weiterführende Literatur
Vollversion:
Positionierung Neue Gentechnik
Gentechnik auch in Zukunft strikt regulieren!
Wir sind ein breites Bündnis aus rund 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Wir stehen zusammen für eine vielfältige Landwirtschaft, für Umwelt-, Tier- und Naturschutz sowie für den Schutz unserer Produzent:innen und Konsument:innen. Unser Standpunkt ist klar:
Auch die neuen gentechnischen Verfahren sind Gentechnik und müssen im Gentechnikgesetz reguliert werden.
Wir fordern den Bundesrat und das Parlament auf, alle vorhandenen wie künftigen gentechnischen Methoden und die daraus entstehenden gentechnisch veränderten Organismen (GVO) und Produkte weiterhin unter dem bestehenden Gentechnikrecht zu regulieren und zu kennzeichnen.
Einflussreiche industrienahe Kreise lobbyieren dafür, neue Gentechnikverfahren von der Gentechnikgesetzgebung auszunehmen. Sie streben danach, Produkte der Neuen Gentechnik, die keine artfremden Gene enthalten, nicht als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) einzustufen. Das Ziel: Eine schnelle
Marktzulassung, ohne aufwendige Zulassungsverfahren und folglich auch ohne Risikoprüfung. Das gefährdet die Wahlfreiheit und die Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt sowie die Versorgungssicherheit. Wege hin zu einer nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft werden so langfristig behindert oder verbaut.
Unsere Forderungen
- Strenge Regulierung der neuen Gentechniken im bestehenden Gentechnikrecht
Auch die neuen Gentechniken müssen im bestehenden Gentechnikgesetz reguliert werden. Dieses regelt bereits zentrale Punkte wie Zulassungsverfahren mit umfassender, prozessbasierter Risikobewertung. Gemäss dem in der Schweiz und der EU geltenden Vorsorgeprinzip müssen dabei die durch die eingesetzte Technologie bedingten Risiken bewertet werden, nicht lediglich das Endprodukt. Die Forschung wird durch diese Regulierung nicht behindert. - Sicherung von Wahlfreiheit und Transparenz
Die Transparenz und Wahlfreiheit von Saatgut bis zum Endprodukt muss für Konsument:innen, Produzent:innen, Züchter:innen und Handel gewährleistet werden. Dazu ist es unabdingbar, die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit für gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere aufrechtzuerhalten und Einschränkungen durch Patente zu verhindern. - Entwicklung von Nachweisverfahren
Es müssen Forschungsgelder für die schnelle Entwicklung von Nachweisverfahren auch für neue Gentechniken zur Verfügung gestellt werden. Eine konsequente Kontrolle von Importen auf gentechnisch veränderte Pflanzen, Tiere und Produkte muss sichergestellt sein. - Sicherstellen der Koexistenz und Haftung
Es braucht effektive Massnahmen, um eine Vermischung von GVO- und Nicht-GVO-Produkten sowie die Kontamination von Nicht-GVO-Saatgut zu verhindern. Eine entsprechende Regelung ist vor einer möglichen Zulassung der ersten GVO-Pflanzen umzusetzen. Die Kosten, welche zur Sicherstellung der Koexistenz und möglicher Haftung im Schadensfall entstehen, sind nach dem Verursacherprinzip zu tragen. - Ausbau und Förderung sozial gerechter, klima- und biodiversitätsfreundlicher Ernährungssysteme
Statt reiner Symptombehandlung müssen lösungsbasierte, ganzheitliche Ansätze gefördert werden – zur Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft (und der vor- und nachgelagerten Bereiche) für mehr Resilienz, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit. Darunter fällt auch die Förderung der biologischen und gentechnikfreien Züchtung sowie der agrarökologischen Forschung.
Unsere Forderungen basieren auf folgenden Hintergründen
- ♦ Auch die neuen Gentechnikverfahren sind Gentechniken im Sinne des Schweizer und des europäischen Gentechnikrechts.
Dies haben der Schweizer Bundesrat und der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2018 klargestellt. Deshalb müssen gemäss dem in der Bundesverfassung verankerten Vorsorgeprinzip Massnahmen zum Schutz von Umwelt und menschlicher Gesundheit ergriffen werden.
♦ Die gentechnikfreie Züchtung, Saatgutproduktion, Land- und Lebensmittelwirtschaft und der Handel sind auf die Kennzeichnung von GVO, Transparenz und Rückverfolgbarkeit angewiesen.
Eine Kennzeichnung schafft Transparenz und ermöglicht die Wahlfreiheit für die Konsumierenden, deren grosse Mehrheit Gentechnik auf ihrem Teller und auf dem Acker ablehnt.
♦ Koexistenz- und Haftungsregelungen schützen die gentechfreie Produktion.
Die grundsätzlichen Probleme der Gentechnik, wie Auskreuzung, Kontamination anderer Felder und Nichtrückholbarkeit, bestehen bei der neuen Gentechnik weiter. Sie werden zu schweren wirtschaftlichen Schäden führen, wenn die Trennung der Produktionsketten (etwa von bio und GVO) nicht gewährleistet ist. Weltweit konnte diese Trennung nie erreicht werden. Insbesondere in der kleinräumigen Schweiz braucht es erhebliche Anstrengungen, um die Produktionsketten zu separieren.
♦ Der Biolandbau und andere agrarökologisch wirtschaftende, aber auch konventionelle Betriebe müssen weiterhin die Wahlfreiheit haben, gentechnikfrei zu produzieren.
Der Einsatz von herbizidtoleranten und insektizidproduzierenden Gentech-Pflanzen sowie die Gen- und Klontechnik für Tiere verstärken die negativen Auswirkungen des industriellen Landwirtschaftsmodells. Biolandbau und Agrarökologie dagegen sind die Grundlage einer resilienten und klimaangepassten Landwirtschaft und Tierproduktion. Sie bieten Bäuerinnen und Bauern sichere Absatzmärkte und Perspektiven für ihre Betriebe.
♦ Genmanipulierte Pflanzen tragen bisher nicht zur Klimaanpassung der Landwirtschaft oder zur Pestizidreduktion bei.
Weltweit sind keine durch NG entstandene Pflanzensorten auf dem Markt, welche diese Ziele einlösen. Stattdessen behindert die Fokussierung auf technische Lösungen den Weg zum dringend benötigten Systemwandel hin zu Nachhaltigkeit und Integration der Ökologie in die landwirtschaftlichen Produktionssysteme. Investitionen in den Gentechniksektor verhindern die Finanzierung der agrarökologischen Forschung zur Entwicklung einfacher, effektiver und Open-Source-fähiger Lösungen.
♦ Patente schränken den Zugang zur Vielfalt pflanzengenetischer Ressourcen für die gentechnikfreie Züchtung ein.
Die Patentierung von Gentechnikverfahren, der daraus entstandenen Lebewesen und deren Eigenschaften hat bereits zu einer grossen Konzentration des Agrarmarktes geführt. Patente auf neue Gentechnikverfahren werden diese Problematik noch verschärfen. Viele Patente, welche auf GVO-Pflanzen vergeben wurden, erstrecken sich auch auf klassisch gezüchtete Pflanzen. Es sind insbesondere Patente auf die neue Gentechnik, die das Problem verursachen. Mit immer mehr Patenten, welche auch konventionelle Pflanzen betreffen, fehlen der Pflanzenzüchtung zunehmend die genetischen Ressourcen. Dies bedroht die Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und letztlich die Ernährungssicherheit.
♦ Die erhöhte Eingriffstiefe ins Genom birgt unerforschte Risiken für Mensch, Tier und Umwelt.
Die gleichzeitige Veränderung mehrerer Stellen im Erbgut (Multiplexing), das Aushebeln von Mechanismen zum Schutz vor Mutationen in überlebenswichtigen Erbgutregionen und die erhöhte Geschwindigkeit, mit der
sich Mutationen erzeugen lassen, vermindern die Zeit, um Gefahren zu erkennen, und erhöhen damit das Risikopotenzial der neuen Verfahren.
♦ Mit der neuen Gentechnik wird die Zulassung von GVO weltweit neu verhandelt, insbesondere in den Ländern des Südens.
Diese haben GVO bisher mehrheitlich abgelehnt. Daher ist es auch für sie nützlich, wenn die Schweiz aufzeigt, wie eine solide Risikoprüfung sowie effektive Massnahmen zur Koexistenz und Wahlfreiheit aussehen können.
Vielfalt als Basis für nachhaltige Innovation
Eine möglichst grosse genetische Vielfalt durch eine Vielzahl an Sorten und Rassen sowie vielfältige Züchtungs- und Anbausysteme mit grosser umgebender Biodiversität sorgen für eine optimale lokale Anpassung und Resilienz. Vielfalt minimiert das Risiko von Missernten und Krankheiten und gewährleistet die Ernährungssicherheit in der Schweiz und weltweit.
Die Vielfalt im Ernährungssystem muss dringend gefördert werden – insbesondere vor dem aktuellen Hintergrund des grössten Artensterbens seit dem Verschwinden der Dinosaurier. Solange sich Forschung und Politik einseitig auf Gentechnik ausrichten und Milliarden für die Entwicklung von GVO vergeben,
stagnieren andere Entwicklungspfade.
Innovation beschränkt sich jedoch nicht auf biotechnologische Entwicklungen. Anstatt Symptombekämpfung mit kurzfristig wirkenden Technologien braucht es eine gründliche Ursachenanalyse und vermehrte Förderung von systemorientierten, nachhaltigen, interdisziplinären Lösungsansätzen. Dies hilft Landwirt:innen, Imker:innen und Konsument:innen beim Übergang zu Agroökosystemen, welche die Umwelt schützen und regenerieren.
Ausführlichere Informationen: www.gentechfrei.ch
Keine Symptombekämpfung mit Gentechnik
Gentechnische Veränderung von wenigen, genetisch verarmten Hochleistungssorten und -rassen verstärkt Klimakrise und Biodiversitätsverlust.
Die industrialisierte Landwirtschaft zählt zu den grossen Verursachern von Treibhausgasen und trägt zu Bodendegradation und weiteren Umweltbelastungen bei. In Kombination mit Gentechnik ist sie für den massiven Einsatz von Pestiziden und den Verlust der (Agro-) Biodiversität und des bäuerlichen Wissens sowie für stetig steigende Produktionskosten verantwortlich.
Vier multinationale Konzerne erzeugen weltweit über 60 % des Saatguts und verkaufen gleichzeitig einen Grossteil der Pestizide. Sie verfügen über die nötigen Patente, um Gentechnik einsetzen zu können. Weltweit schränken Patente den Zugang zur Vielfalt pflanzengenetischer Ressourcen für die gentechnikfreie Züchtung immer mehr ein
Das Bündnis
Die vorliegende Positionierung wurde im Juni 2023 von rund 60 Organisationen, Institutionen und Stiftungen aus den Bereichen Umwelt-, Tier- und Naturschutz, Entwicklungspolitik, Konsumentenschutz, soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Landwirtschaft, Züchtung, Saatgutproduktion, Lebensmittelwirtschaft, Initiativen aus der Klimaschutzbewegung und aus den Bewegungen für sozial und ökologisch verantwortungsvolle Ernährungssysteme unterzeichnet.