Herbert Schär (Hagenwil bei Amriswil, TG)
Heute werden genomeditierte Pflanzen oft als Heilmittel im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels propagiert. Könnten Sie sich vorstellen, genomedierte Pflanzen auf Ihrem Hof anzubauen?
Alles Leben, inkl. Pflanzen, habe sich im Laufe der Zeit aus lebloser Materie entwickelt, so die Lehre der Evolution, wie sie heute noch gelehrt wird. Eigentlich bedeutet das, dass eine natürliche Kreuzung hin zu den gewünschten Ergebnissen möglich ist. Somit braucht es keine genomeditierten Pflanzen.
Nach allem, was mir bekannt ist, haben genomedierten Veränderungen unter dem Strich der Menschheit mehr Schaden als Nutzen gebracht. Daran will ich nicht teilhaben.
Darum beantworte ich die Frage der genomedierten Pflanzen auf meinem Hof mit einem klaren Nein.
Wie begegnen Sie dem veränderten Klima in Ihrer landwirtschaftlichen Praxis? Was hilft Ihnen dabei?
Durch entsprechende Anbaumethoden wie gezielte flache Bodenbereitung, Mulchen, optimierte Kulturpflege, Humusaufbau, Fruchtwahl, Fruchtfolge, Gründüngungen etc. kann einiges bewirkt werden. Schon viele Jahre befasse ich mich mit dem Thema. Der Erfolg ist bescheiden, weil in meiner Region die Veränderung des Klimas auch bescheiden ist. Seit sieben Jahren mache ich über das ganze Jahr tägliche Aufzeichnungen zu Temperaturen und Niederschlägen. Bisher kann ich wenig oder keine Veränderung in der Tendenz erkennen.
Sind Sie zufrieden mit dem Angebot der Pflanzen/Samen, die heute auf dem Markt angeboten werden? Welche Wünsche haben Sie an Neuzüchtungen im Pflanzenbereich?
Die Auswahl an verschiedenen Gründüngungspflanzen und Untersaaten (vor allem Mischungen davon) hat sich in den letzten Jahren enorm vergrössert. Hier sind Wissen und gezielte Anwendung des Pflanzenbauers gefragt, diese in Kombination und Zeitpunkt zielorientiert anzubauen.
Bei den Neuzüchtungen ist eine natürliche Resistenz gegenüber Pilzen gefragt. Viele Schadpilze sind bei feuchtem Wetter aktiv. Das zeigt eigentlich auf, dass das Problem der Trockenheit nicht generell so ist.
Welche Eigenschaften sollten bei der Züchtung neuer Pflanzensorten vor allem berücksichtigt werden, damit sie einen Mehrwert für Ihre Produktion darstellen könnten?
Wie schon angetönt ist das grundsätzlich nicht nur ein Problem des Angebots, sondern auch des Marktes und der Anbaubereitschaft. Eine ausgeglichene Vielfalt von verschiedenen Sorten einer Frucht verteilt im ganzen Land gibt von Jahr zu Jahr kleinere Ernteschwankungen, als der Anbau von ein oder zwei Sorten oder Früchten regional angebaut.
Sehen Sie die Agrarökologie als hilfreiches Konzept für Ihre Arbeit?
Wie schon aufgeführt ist das einer von mehreren Faktoren, welche es ermöglichen, der ganzen Menschheit genügend Nahrung zur Verfügung zu stellen.
Wo hat der Bio-Landbau noch Potential bzw. in welche Richtung sollte er sich weiterentwickeln?
Der Biolandbau hat ein gutes Potenzial, wenn er sich weiterentwickelt in der Richtung der Philosophie seines Ursprungs. Forschung und Praxis bringen heute einiges zutage, welche Zusammenhänge bestehen und was die Folgen von zu hohem Hilfsstoffeinsatz sind.Ich meine: Es ist besser, nach Bio Richtlinien konventionell zu produzieren als konventionell mit seinen Richtlinien! Aber: Ist das der Sinn der Biologischen Produktion? Müssten nicht Anreize geschaffen werden, nach Bio Richtlinien biologischer zu produzieren?
Gefährdet die mögliche Zulassung genomeditierter Produkte Ihre Arbeit?
Es geht nicht darum, dass meine Arbeit gefährdet sein könnte durch eine mögliche Zulassung genomeditierter Produkte. Da könnte sogar das Gegenteil eintreffen. Die Gefahr einer unkontrollierten Verbreitung kennen wir schon seit geraumer Zeit aus den Ländern, welche solche Organismen herstellen, anwenden und anpflanzen. Was da erstaunt, ist, dass es entgegen den Versprechen, weniger Hilfsstoffeinsatz zu benötigen, langfristig einen höheren Einsatz an umweltbelastenden Hilfsstoffen braucht. Ob ungeklärte Krankheiten und Todesursachen an Tieren und Menschen eine Folge davon sind?
Finden Sie Gentechnik unnötig? Weshalb?
- Die Entsorgung der aktuellen Menge an Nahrungsmitteln deutet nicht auf Nahrungsmittelknappheit hin.
- Wenn die Versorgung mit Nahrungsmitteln nach den jetzigen Ernährungsgewohnheiten der westlichen Welt knapp werden könnte, bestünde die Möglichkeit, diese etwas zu ändern.
- Eine Ernährungsweise mit etwas weniger tierischen Produkten könnte einiges an Potenzial mit sich bringen in Sachen Umwelt, Gesundheit, Krankenkosten, Ressourcenschonung, etc.
Welche Probleme kämen bei einer Deregulierung der Gentechnik auf Sie zu?
Zum Ersten träfe eine Deregulierung der Gentechnik nicht nur unsern Hof, sondern die gesamte Bevölkerung in unserem Land. Zum Zweiten könnten ich und meine Biokollegen gewisse Kulturen, welche durch Pollen von genveränderten Pflanzen betroffen sind, nicht mehr anbauen. Das bedeutet, dass die Produktevielfalt von nicht oder wenig belasteten Bio-Nahrungsmitteln entsprechend reduziert würde.