Worum geht es?
In den USA wurden mittels CRISPR Speisepilze so manipuliert, dass ihre Schnittflächen erst später braun werden und sie somit länger gelagert werden können. Dafür wurde an mehreren Stellen im Erbgut gleichzeitig die Funktion von Genen blockiert, beziehungsweise deren Struktur so verändert, dass die natürlichen Abbauprozesse verzögert werden. Nach Angaben der Penn State Universität, welche die Pilze entwickelte, wurden dabei keine zusätzlichen Gene eingefügt, sondern „nur“ mehrere kurze Abschnitte des natürlichen Genoms entfernt. Die US-Behörden haben diese Pilze ohne weitere Untersuchungen zur Vermarktung freigegeben – sie könnten demnach wie herkömmliche Lebensmittel ohne Kennzeichnung in den Verkauf gebracht werden. Eine Vermarktung der Pilze ist derzeit allerdings nicht geplant.
Was ist problematisch?
Für die zuständige US-Behörde, den Animal and Plant Health Inspection Service (APHIS) des Landwirtschaftsministeriums reichte es für eine Freigabe im April 2016 aus, dass die Entwickler des Pilzes behaupteten, dass sie keine zusätzliche DNA eingebaut haben. Es wurden beispielsweise keine Untersuchungen verlangt, um zu überprüfen, inwieweit die Inhaltsstoffe der Pilze insgesamt verändert sind. Ebenso wenig wurden Daten über ungewollte Veränderungen des Erbguts vorgelegt. Bis heute gibt es keine wissenschaftliche Publikation darüber, wie genau die Pilze in ihren Eigenschaften durch diesen Eingriff gewollt oder ungewollt verändert wurden.
Dieser Fall zeigt: Verzichtet man auf eine Zulassungsprüfung, hat man auch keinen Zugang zu überprüfbaren Daten. Was die Sicherheit der Lebensmittel betrifft, kann man dann nur hoffen, dass die Hersteller einerseits nichts verschweigen und andererseits auch nichts komplett übersehen bzw. falsch gemacht haben.
Auch in der Schweiz und der EU wollen einige Akteure erreichen, dass derartige - gentechnisch veränderten Organismen ohne eingehende Prüfung und Kennzeichnung für Anbau und Verzehr zugelassen werden. Organismen, bei denen nur kurze Genabschnitte entfernt oder verändert werden, sollen demnach nicht als gentechnisch verändert gelten. Ihr Argument: Diese Veränderungen könnten auch spontan und auf natürliche Weise auftreten. Doch das Beispiel der CRISPR-Pilze zeigt, dass das Argument nicht zutreffend ist: Der Einsatz von CRISPR wurde genutzt, um das Erbgut der Pilze an mehreren Stellen gleichzeitig zu verändern. Ziel war, diejenigen Genfunktionen zu blockieren, die natürlicherweise eine Bräunung der Schnittstellen bewirken. Ein derartiges Muster von Genveränderungen würde in der Natur spontan nicht auftreten.
Beim Einsatz von CRISPR sind solche parallelen Gen-Veränderungen typisch. Und oft sind sie nicht zu vermeiden: Der CRISPR-Komplex schneidet an allen Stellen, an denen die gesuchte Gensequenz vorhanden ist. So liegen beispielsweise im Erbgut von Nutzpflanzen bestimmte Gen-Informationen oft mehrfach vor. Zudem können auch Abschnitte im Erbgut, die der Zielsequenz ähnlich sind, ungewollt „geschnitten“ werden. Solche ungewollte Veränderungen (sogenannte off-target Effekte) sind ein weiteres Problem der neuen gentechnischen Verfahren, wie der CRISPR-Pilz exemplarisch zeigt: Die vorhandenen Publikationen lassen erkennen, dass beim Einsatz dieses Verfahrens bei Pflanzen und Tieren ungewollte Veränderungen im Erbgut sehr häufig sind. Diese können zu Veränderungen der Inhaltsstoffe der Pilze führen. Genauere Daten dazu wurden aber nie veröffentlicht.
Das Entfernen natürlicher DNA-Abschnitte oder die Blockade von Genfunktionen kann ebenso gesundheitliche Risiken hervorrufen wie das Einfügen zusätzlicher Gene. Die Konsumenten und Konsumentinnen würden über diese Risiken aber nichts erfahren. Sie hätten zudem auch keine Wahlmöglichkeit, wenn es weder Zulassungsprüfung noch Kennzeichnung gäbe, wie sie das Gentechnikgesetz vorsieht.
Weitere Informationen:
Die Pilze sind noch nicht im Handel. Die Hersteller haben aber offensichtlich von Anfang an an die ökonomische Verwertung ihrer Entwicklung gedacht und schon 2014 ein Patent auf das verwendete Verfahren angemeldet. Inzwischen wurden auch die Pilze selbst zum Patent angemeldet.
Um Bedenken zu zerstreuen, hat die Penn State Universität zudem angekündigt, den US-Behörden freiwillig weitere Daten vorzulegen. Doch die Sicherheit gentechnisch veränderter Organismen darf nicht auf der Freiwilligkeit einzelner Akteure beruhen. Es bedarf hier klarer Regelungen und Zulassungsprüfungen, die definierten wissenschaftlichen Standards entsprechen.
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Damit die Konsumenten und Konsumentinnen auch in Zukunft die Wahlfreiheit haben, müssen alle neuen Gentechnik-Verfahren dem Gentechnik-Gesetz unterstellt werden.
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